Dienstag, 27. Oktober 2009

Ein Wort über Herta Müller (Literaturnobelpreisträgerin)

Ich muss (zu meiner Schande?) gestehen, von Herta Müller vor der Preisverleihung noch nicht bewusst gehört zu haben. Als darüber in den Medien berichtet wurde, besorgte ich mir schnell ein Buch von ihr – der neueste Roman war nicht greifbar –, um einen Eindruck über ihre Schreibe zu gewinnen. „Heute wär ich mir lieber nicht begegnet“ heißt der Roman aus dem Jahre 1997.
„Ich bin bestellt“ beginnt er, und damit ist ein Verhör beim rumänischen Geheimnis – sie schreibt wohl weitgehend über die Zustände in ihrem Geburtsland Rumänien –, gemeint, wohin sie sich mit der Straßenbahn begibt. Auf der Fahrt lässt die Ich-Erzählerin Ereignisse aus ihrem Leben Revue passieren, so über ihre Freundin Lilli, die bei einem Fluchtversuch ums Leben kommt, über ihre Familie, ihre Männer, ihre Arbeit und vieles mehr.
Ein Kernsatz des Romans ist ein Ausspruch ihres Großvaters, der da lautet: „Einmal die Beine strecken, dann geht die Welt auf. Noch einmal, dann geht sie zu. Von da bis dort ein Furz in der Laterne, das nennt sich dann gelebt. Es lohnt sich nicht, dafür die Schuhe anzuziehen.“ Ich gebe zu, noch immer darüber nachzugrübeln, was sie uns damit sagen will.
Die Leser gewinnen einen kleinen Einblick in das Rumänien zu Zeiten Ceaucescus. Ob das wirklich interessant ist, mag jedermann für sich selbst entscheiden. Sie schreibt sehr bildhaft, in nicht immer verständlichen komplizierten Satzkonstruktionen, teilweise moderner Lyrik nicht unähnlich. Manche Sätze habe ich mehr als einmal lesen müssen. Obwohl ich ein Verfechter der gehobenen Sprache bin, hat mir vieles nicht gefallen, weil es sich nicht flüssig genug liest. Besonders missfällt mir, dass sie bei wörtlicher Rede keine Anführungszeichen setzt. Abgesehen davon, dass ich ein solches Experiment als wenig vorbildlich betrachte, wird das Lesen dadurch erschwert. Ich habe mich im wahrsten Sinne durch das Buch gequält, was mir schon lange nicht mehr passiert ist.
Hätte ich in der Jury gesessen, so glaube ich nicht, ihr mein Votum gegeben zu haben, zumal zu noch relativ jung und ihr Gesamtwerk bisher ziemlich überschaubar ist, wenn auch ihre Sprache hohen Ansprüchen genügt. Aber da fallen mir eine Reihe anderer Autoren ein, selbst deutschsprachige, die mir wesentlich besser gefallen. Doch sollte über Geschmack nicht gestritten werden, obwohl gerade das in der Literaturszene eine gerne ausgeübte Betätigung ist.

Samstag, 10. Oktober 2009

Friedensnobelpreis für Obama: Vorauseilende Lorbeeren oder Last?

Widersprüchlich sind die Reaktionen auf die Erteilung des Friedensnobelpreises für den amerikanischen Präsidenten Obama. Doch stellt sich mit Recht die Frage: Ist diese Auszeichnung berechtigt, hat er sie (bereits) verdient?

Obama ist sicherlich der beste Präsident, den die Staaten, auch die Welt, zurzeit haben könnte. Allerdings hat er bisher noch nicht viel geleistet und stößt in seinem Land bereits an seine Grenzen. Visionen in der Politik sind gut und nötig, aber Politik ist etwas völlig anderes und besteht immer aus Kompromissen, die sich oft weit von den Visionen entfernen. Ihm nach seiner kurzen Präsidialzeit bereits einen der wichtigsten Preise zu verleihen, den ein Mensch erhalten kann, halte ich für verfrüht. Es bleibt zu bedenken, dass sein Land nach wie vor in zwei Ländern Angriffskriege führt, wovon zumindest der Irakkrieg allein wirtschaftlichen Interessen dient. Obama muss noch unter Beweis stellen, dass er fähig ist, seine Visionen, seine Versprechungen auch in die Tat umzusetzen. Eines allerdings kann ihm nicht abgesprochen werden: Es ist ihm zumindest gelungen, in die weltweiten Verhandlungen einen konzilianteren Umgangston hineinzutragen, was oft bei seinen Vorgängern vermisst wurde.

Nobel hat in seinem Testament, so ist zu lesen verfügt: „Ich, Alfred Bernhard Nobel, erkläre hiermit nach reifer Überlegung meinen Willen (...) Mit meinem verbleibenden realisierbaren Vermögen (...), dessen Zinsen jährlich als Preis an diejenigen ausgeteilt werden sollen, die im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erbracht haben.(...)

Nun gut, hieraus könnte abgeleitet werden, dass der Preis auch vorauseilend verliehen werden kann. Für Obama wird er nach meinem Dafürhalten eher eine Last werden. Ich glaube kaum, dass er darüber glücklich ist.

Ich kann diese Entscheidung bei aller Sympathie für ihn nicht nachvollziehen. Es hätte sicherlich auch Alternativen gegeben, auch Alternativen, die das Geld gut hätten gebrauchen können. Damit meine ich aber nicht Altkanzler Kohl, der angeblich auch auf der Kandidatenliste gestanden haben soll.